Mi. Apr 17th, 2024

    Articial.Emergency

    Was ist ein „künstlerischer Notfall“? Eine Ausnahmesituation. Aber wie sagen´s die Großbriten und Amerikaneros? – Wie auch immer sie es sagen: Weltweit durchleben Menschen solche Situationen und wie immer sie sie auch bezeichnen, sie sind furchtbar.

    Wie drückt man das auf Englisch richtig aus? Ich bin kein Muttersprachler im Englischen und habe deswegen zu diesem Zweck die google-Übersetzungsmaschine angeworfen. Herausgekommen ist dabei, dass die von mir ersonnene Formulierung zumindest von Tante Gugel einigermaßen verständlich zurückübersetzt werden könne ins Deutsche, das sieht man hier oben im screenshot.

    Dahinter steckt die Tragik des nach Vervollkommnung strebenden Tonkünstlers.

    This is a real slow „living thing“ from a rehearsal room session in 2010 with some divorced musicians from Berlin, Germany. We builded up a liquid atmosphere and developed it to a rough idea of Songwriting. – A fine tune in my opinion. I leaved the band at the end of 2010 in case of artificial emergency. Have fun, folks. (Klappentext zum Testimonial „Lost Inside my Mind, Soundcloud)

    Als ich diesen Soundschnipsel neulich wiederentdeckte, fiel es mir noch einmal wie „Schuppen aus den Haaren“: Mein künstlerischer Notstand.

    Ich hatte maßgeblich zusammengewirkt.

    Das war eine Melange aus vollkommen unterschiedlichen Polen und Irrungen/Wirrungen, die ihre Basis in ganz unterschiedlichen Herangehensweisen an das Thema „Musik machen“ hatten, wie mir seinerzeit klar wurde. Ich hatte noch nie so einen guten Sänger gehabt und noch nie so viele schlechte „vibes“, was die Band im Übrigen betraf. Mit mir nicht. Pah, das ist Geschichte.

    Darüber bloggte ich ausgiebig und berichtete über das Thema „Band Soziologie“, ich muss die Details von damals nicht wiederholen, sie sind auf der Website blackbirds.tv noch heute bei Interesse nachzulesen, und über jedem dieser Artikel wacht Jimi Hendrix als Lichtgestalt der modernen Rockmusikkultur, wie eine Art Tatenschutzbeauftragter des musikalischen Universums. Meine schriftstellerischen Taten von damals bereue ich nicht, sie waren notwendige Befassungen mit einem musikalisch relevanten Themenfokus, dem Zusammenwirken von verschiedenen Charakteren in Bandzusammenhängen. Allein die Leserzahlen dieser Gedanken sprechen Bände. Und auch die Tatsache, dass ich für das Aufschreiben eigener Gedanken bedroht wurde. Man versuchte mich einzuschüchtern, damit ich das „unliebsame Zeugs“ aus dem Internet entferne. Pustekuchen, Pappnasen. Dafür verachte ich sie wirklich sehr. Daumen runter. Ganz kleine Lichter.

    Auch vier von denen Hand in Hand ergäben wahrlich keine Lichterketten der Hoffnung! Geschweige denn eine adäquate Lightshow auf einer Weltbühne. Von Ossietzky lässt herzlich grüßen! Das war eine Persönlichkeit. Simmerlicht und Humms Tata, Jukeboxspiel als Trallala!

    Die wieder entdeckte Datei stellt einen Sessionmitschnitt von betulicher, geradezu ausufernder Insgesamtruhe dar. Mir gefällt heute wie damals das sachdienliche und gute Zusammenspiel des Bassisten mit mir, ich meine mich zu erinnern, dass ich das ganze Stück über einen Clicktrack auf dem Ohr hatte. Die Time stimmt.

    Der Sänger kommt erst bei ca. 8:15 Minuten ins Spiel und bedient im Übrigen ein von mir zur Verfügung gestelltes, echtes Fender Rhodes, ein Instrument, das ich sehr liebe und verehre.

    Die üblichen Kritikpunkte meinerseits sind auch heute noch gegeben. Der Gitarrist ist eigentlich ein guter, aber er traut sich eben (noch) nicht „aus der Deckung“ und bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück. Über den „Klopfer“ (sonst: Percussionist) sage ich gar nichts. Ist vernünftig. Man muss auch mal die Fresse halten können…

    Das Stück aber war eine gute Ideenskizze, geboren aus „uns allen“ und deswegen verletze ich mit der Veröffentlichung nicht fremde Copyrights, was mir fern läge. Ich prophezeite der Band damals, als ich sie ruckartig und zu recht verließ, dass sie in der Bedeutungslosigkeit versinken würde. Sie würde es einfach nicht schaffen, das was wir ursprünglich verabredet hatten: Erst mal paar Covers und Stück für Stück immer mehr gute, eigene Stücke, ganz und komplett aus unserer Feder, dann Gigs, Studio und so. Kurz gesagt: Mehr als diese Idee bleibt davon nicht übrig. Auch heute nicht.

    Das war eine der schmerzlichsten Erfahrungen meines Musikerlebens:

    Ich hatte in Teilen Musiker gefunden, mit denen zusammen etwas wirklich Weltbewegendes hätte entstehen können. Daran hinderten uns aber die Anderen, die in Teilen die Bandbesetzung darstellten und die nichts unversucht ließen, ihr unmusikalisches Freizeitrepertoire von Störfeuern auf den kreativen Schaffensprozess abzufeuern. Es ging um die Frage, ob einige von uns „Freitag gern mal ein Bier trinken und bisschen Klampfe spielen“ oder „einen rauchen“. Bzw. um die Frage, wie viel konzentrierte Energie man in solch ein Projekt hineinsteckt, um es professionell zu wirklichem Erfolg zu führen. Ein Blinder, der die Farbe Lila perfekt zu beschreiben wüsste, braucht keinen Blindenstock, er führt die Sehenden direkt ins Sinnenlicht.

    Mann, was das ärgerlich.

    Die Band gibt es heute in anderer Form noch. Sie hätte wirklich etwas werden können. Vorauszusehen war das damals bereits: Es blieb eine Band, die in weiten Teilen Stücke von großen Helden covert, anstatt die vorhandenen „Goldschätze“ einfach zu heben. Es fehlt an künstlerischer Vision, am Willen zum künstlerischen Erfolg.

    Schade.

    Hinter der Art Musik zu machen, wie sie oben abgebildet ist, stehe ich nach wie vor. Es ist nur nie ganz egal, mit wem man gute Musik versucht zu entwickeln: Die Chemie muss schon stimmen. Erst dann kann´s Herzl glimmen! Für die Musik brennen.

    Es war eine richtige Entscheidung meinerseits. „A Case of Artificial Emergency“, so würde ich es gern nennen. Vielleicht sagt mir mal ein Muttersprachler, wie er sich in einem solchen Fall ausdrücken würde? Es interessiert mich.

     

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