Mi. Apr 24th, 2024

    Der Saxophonist Wayne Shorter ist kein Unbekannter. Mehr Informationen über diesen begnadeten Musiker hier. Allerdings habe ich mich erstmals vor kurzem mit dessen musikalischen Betreiben befasst. Die Beschäftigung mit Musik, die er unter seinem Namen veröffentlicht hat, betrifft auch das Stück „Speak no evil“ aus dem gleichnamigen Album von 1965, zu deutsch: Red keinen Schwachsinn/Wahnsinn. Das ganze Stück mit 8:20 Minuten Länge kannst du hier hören.

    Mich beschäftigte nach erstmaligem Proben dieses Stücks ein ganz bestimmter Part, den ich mir gezielt raufschaffen wollte. Ich habe ihn mal digital ausgeschnitten, hier ist er. Beachte insbesondere den letzten Teil vor dem Ende des Beispiels, um genau den geht es hier.

    [audio:https://xdrum.eu/wp-content/uploads/2010/01/speak.no_.evil_.Quelle_WayneShorter_low.mp3]

    Es handelt sich um ein kontinuierlich durchlaufendes Swingpattern auf dem Ridebecken. Über das mit mit der rechten Hand geschlagene Swingpattern auf dem Ridebecken wird eine Gruppe von jeweils drei aufeinanderfolgenden Schlägen auf der Snare (linke Hand) gesetzt. Linkshänder denken sich das bitte andersrum. Simon Phillips ist es schlicht egal, mit welcher Seite er was tut. Mir nicht.

    Wenn man die Gruppe links auf der Snare einigermaßen im Griff hat, kann man anfangen, sie schliesslich sogar auf verschiedene Trommeln zu verteilen. Wichtig ist dabei aber auch, dass die rechte Hand das Ridebecken sauber und ruhig, also ohne Aufgeregtheit weiter durchschlägt. Die Verteilung der Snare-Gruppe auf Snare, Hänge- und Standtom in jeder beliebigen, spielbaren Kombination ergab sich relativ schnell, als ich das Pattern bewusst übte. Die Variationsmöglichkeit stellt eine angenehme Abwechslung vom stringenten Üben fester Figuren dar. Am 27.01.10 habe ich die Figur meiner Schlagzeuglehrerin Sabine vorgelegt und mit ihr gemeinsam geübt.

    Das kannst du hier hören. Zur Klarstellung: Das sind daher zwei Schlagzeuger, die das gemeinsam spielen.

    [audio:https://xdrum.eu/wp-content/uploads/2010/01/speak.no_.evil_.Schlagzeuguebung1_low.mp3]
    (Audiobeispiel 1: Pattern Swing-Ridebecken mit Dreiergruppe auf Snare und dann als Verteilübung)

    Dieses für Schlagzeuger äußerst interessante Übungspattern nahm ich mir an einem (weiteren) Extraabend  noch einmal alleine vor und spielte es rund(er). Mein Pianist Stefan hatte auf einer Gruppenprobe der Jazzer auszusetzen, dass ich generell zu laut spiele und daher die Leichtigkeit des Originals fehle. Insofern ist zwar das Pattern für sich genommen eine interessante Übung zum Jazzdrummen und Solieren, gar zum Aufbau eines Schlagzeugsolos über dieses Thema. Stücketauglich in einem Songkontext wird es aber erst, und da hat Stefan recht, wenn man das Geklöppel, hier und da auch empfunden als Gestotter, wieder merklich ausdünnt. Weniger ist bekanntlich manchmal mehr.

    Das Pattern, um das es hier geht, von pianissimo (ganz leise) bis fortissimo (ganz laut) akkustodramatisch (eigene Wortschöpfung) zuzupitzen auf den Höhepunkt, habe ich notizbuchartig aufgenommen. Wenn Dramatik dort auch noch nicht zu erkennen ist, sondern eher nur dramatische Präzision (!!), so versteht der Leser eventuell aber die Absicht, die dahinter steckt. Fazit: Ich kann mich allein mit dieser lächerlichen Kleinigkeit noch eine Weile weiter beschäftigen. Auch in einer weiteren Probe, die gestern abend stattfand, gab Stefan noch meine Lautstärke zu bedenken und ich wendete nur entschuldigend ein, ich sei eher als Rockdrummer auf der Welt gewesen bis dato, und noch niemand sei über Nacht vom Rocker zum Jazz-Avantgardisten chamäleonartig mutiert.

    [audio:https://xdrum.eu/wp-content/uploads/2010/01/speak.no_.evil_.Schlagzeuguebung2_low.mp3]
    (Audiobeispiel 2: gleiches Pattern mit Strophe vorher, ausgedünnte Variante)

    In der Schule einer meiner Töchter sagte neulich die Klassenlehrerin zu meiner Frau, sie wüsste ja, das ich Jazzmusiker bin. Woher, weiss ich nicht. So schnell entstehen Legenden. Die ganze Wahrheit, so dachte ich später darüber intensiv nach, ist: Ich bin in keinster Weise ein Jazzmusiker. Ich würde nur gern einer werden, wenn ich mal groß bin. Bis dahin ist es noch ein ganz gutes Stück: sagen wir, ein weiter Weg. Ohne jeden Zweifel.

    (mit Kopfhörerempfehlung)
     Speak No Evil (recorded mit Jazzband, @rehearsals, Tommy, 2010)

    Ein Gedanke zu „Rehearsals on drum: Speak no evil, Wayne Shorter, Bearbeitung eines Crescendos von kurzer Dauer“

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